Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
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Sigrid Barmbold

Monument aux morts, Sarreguemines

Place du Général Sibille, Sarreguemines

Dieses Denkmal wurde 1933 errichtet durch die Stadt Sarreguemines, „en conformité des Délibérations du Conseil Municipal de 19.12.1922–29.12.1932 pour perpétuer le souvenir de tous les Enfants de Sarreguemines morts ou disparus à la Guerre de 1914–18 ou décédés à ses suites, sans distinction aucune“ (AMS IM 38, Programm zur Einweihung). Die „Commission zur Errichtung des Denkmals“ wählte Henri Giraud als Architekten, den die Bildhauer Dechin und Hannaux unterstützten. Eine Stele mit einer Bronzestatue, die die Unsterblichkeit symbolisiert, und eine Statue aus Stein am Fuße des Denkmals, die ein Symbol für die Stadt darstellt, fanden schließlich die Zustimmung des Gemeinderates. Schon 1918 entschloß sich der Gemeinderat zur Erstellung eines ästhetischen und künstlerisch wertvollen Denkmals zum Gedenken an die Toten. Aber Rivalitäten privater und lokalpolitischer Natur verhinderten lange Zeit den Fortgang des Geschehens. Eigentlich wäre der Totenkult hervorragend geeignet gewesen, eine Annäherung und Einigung zwischen den beiden Bevölkerungsteilen zu begründen. Denn es gab „Söhne der Stadt, die auf französischer Seite fochten, und Mitbürger der Stadt, die auf der anderen Seite gegen die Russen kämpften.“ Doch zu einer Einigung der unterschiedlichen Meinungen kam es erst 1931, als unter Führung von Bürgermeister Henri Nominé einstimmig beschlossen wurde, auf die Nennung der Namen der 229 Toten zu verzichten und das Denkmal nur mit einer schlichten Inschrift „A nos Morts“ zu schmücken. Eine alphabetische Liste mit den Namen der Toten wurde in einem versiegelten Eisenrohr im Innern des Denkmals eingelassen.

In den Reden zur Einweihung wurden noch einmal die Gegensätze deutlich: Nominé sprach von einem Ort der Andacht, des Gedenkens an die Toten, „qu’ils soient tombés sous l’uniforme de général ou celui d’un simple soldat, rangés au hasard des péripéties tragiques de notre pays de frontière dans l’un ou dans l’autre camp“. Jules Ponce, Präsident des „Souvenir Français“, bislang eher pazifistisch eingestellt und ein großer Befürworter der Errichtung eines Denkmals, hielt eine Rede, in der der Tod von General Sibille 1914 noch einmal heraus gestellt wurde. „Il faut que la France ne diminue pas ses forces, ni d’un homme, ni d’un canon“ (William Kidd, S. 100). Dennoch kann man sagen, daß trotz klarer nationaler Abgrenzungen die gemeinsame Erinnerung eine Annäherung über die Gräber ermöglichte. Es kam zu einer lokal begrenzten, versöhnenden Annäherung, wobei das gemeinsame Andenken auf der Grundlage des Respekts vor den Toten und des militärischen Ehrbegriffs beruhte. Jahre später, 1941, kritisierte der Kommissar der Stadt Sarreguemines in einem Schreiben an das Landesdenkmalamt dieses weiße Kalksteindenkmal, das im krassen Gegensatz zu der ernsthaften Fassadengestaltung des Justizpalastes mit seinem gelben Chaumontstein stehe. Der Leiter des Landesdenkmalamtes Lothringen, Dr. Stemmermann, ging sogar so weit, den Abriß im Namen der Denkmalpflege vorzuschlagen, und empfahl die Errichtung eines neuen Denkmals, das mehr dem „Deutschen Stilempfinden“ entspräche (AMS IM 40). Aber nichts dergleichen geschah, auch heute noch mahnt das Denkmal an die Toten des Ersten Weltkrieges.

Quellen und weiterführende Literatur

Archives Municipales de Sarreguemines (AMS), IM 38, 39, 40.

Kidd, William, Les Monuments aux Morts Mosellans, De 1870 à nos Jours, Metz 1999, S. 93–100.

 

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Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.