Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
    Druckversion (PDF)    
 

Gerhild Krebs

Bietschieder Schlößchen

Bietschieder Straße 14, Heusweiler

Das sogenannte Bietschieder Schlößchen, das seit 1954 ein Rehabilitationszentrum des Bergbauunternehmens Saarberg beherbergt, ist das ehemalige Herrenhaus eines Hofgutes, das der Kaufmann Heinrich Wahlster um 1810 bauen ließ. Im Inneren des denkmalgeschützten Baues befinden sich reiche Stukkaturen aus der damaligen „fabrique d’ornements d’architecture“ Joseph Beunat in Sarrebourg/Lothringen. Die Beunat-Stukkaturen wurden nicht frei aufgetragen wie bisher üblich, sondern mittels vorgeprägter Modelle angebracht. Der klassizistische Bau des Schlößchens mit Walmdach, geräumig und zweigeschossig ausgeführt, wirkt etwas fehl am Platze in der kleinen, bis heute bäuerlich wirkenden Siedlung, einem in sich abgeschlossenen Ortsteil der Gemeinde Heusweiler. Schon seine volkstümliche Benennung als Schlößchen, noch mehr aber die bauliche Anlehnung an die vorrevolutionäre Tradition der Landsitze adliger Familien verraten den Anspruch eines Erbauers bürgerlicher Herkunft, sich in der sozialen Stufenleiter des Biedermeier als einen der legitimen Nachfolger des entmachteten Adels darzustellen, weil er durch seine Kaufmannstätigkeit die Mittel erworben hatte, zu leben wie zuvor nur Adlige dies konnten. Ähnliche Wohnideen wie Wahlster verfolgten im 19. Jahrhundert auch andere Kaufleute und Industrielle im Saarraum, so etwa die Familien Boch oder Stumm, wobei diesen wegen ihrer wirtschaftlichen Erfolge der erbliche Adelsstand verliehen wurde. Heinrich Wahlster, im lokalen Volksmund als „de alde Wahlschder“ noch ein Begriff, hatte während der Französischen Revolution als Holzhändler, Saar- und Rheinflößer ein Vermögen gemacht. Er richtete in Bietschied ein Gestüt ein, das bis zur Zeit Napoleons III. unter anderem den französischen Generalstab mit Pferden versorgte.

Quellen und weiterführende Literatur

Maier, Elmar, Vom Herrenhaus des Heinrich Wahlster zum Reha-Zentrum der Saarbergwerke AG, Heusweiler 1990.

Staatliches Konservatoramt des Saarlandes (Hg.), Denkmalliste des Saarlandes, Saarbrücken 1996, erstellt vom Referat 2: Inventarisation und Bauforschung (Dr. Georg Skalecki), Stand: 1.8.1996, S. 55.

 

>> zurück zum Seitenanfang

   
   
   
Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.