Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung
   
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Roger Seimetz

Monument du Souvenir „Gëlle Fra“

Place de la Constitution, Luxemburg

Baugeschichte

14. Februar 1920: öffentlicher Wettbewerb für ein Denkmal der im Ersten Weltkrieg Gefallenen (nationale Denkmalkommission). 18 Projekte wurden eingereicht, die Auswahl fiel auf Claus Cito (1882–1965), der die „Friedenskönigin“ (vom Volksmund „Gëlle Fra“ geheißen) schuf. Unternehmer A. Giorgetti; Obelisk: Firma Hubert Jacquemart; Geländer: Jean Curot, Entwurf und Michael Haagen, Ausführung. Aufstellung: 23. Mai 1923; Einweihung (in Gegenwart des belgischen Thronfolgers Léopold): 27. Mai 1923.

Baugestalt

Der Zeitlosigkeit der Denkmalsidee wurde ebenso gewürdigt wie die strengsittliche Vernachlässigung der leibhaftigen Figur in enganliegendem, durchscheinendem Gewand als anrüchig und pornographisch provozierend angeprangert wurde. Die Statue Citos ist eine grünoxidierte Bronzefigur (daher der Volksmundname „Gëlle Fra“). Erwähnungen in den Granitplatten am Sockel: Marschall Foch, General Gillain, 3000 Luxemburger Legionäre, 2500 Tote, Gedenkspruch verfaßt von Großherzogin Charlotte. 21 m hohe Säule (Obelisk) mit Bronzefigur „Gëlle Fra“ und zwei Bronzefiguren („Helden“) am Sockel des Monuments.

Bauliche Veränderung

1950 Neuerrichtung des Denkmals: die grünoxydierten Heldenfiguren wurden nach Allerheiligen 1951 wieder auf den Sockel gestellt.

Nutzung, Umnutzung und Abriß

Den Nazibehörden war das „Monument du Souvenir“ ein Dorn im Auge. Gleich nach der Besetzung begannen in versteckter Form die Bemühungen, es abzureißen. Am 10. Oktober 1940 stellte der deutsche Stadt-Amtmann der Stadtverwaltung die Forderung, das Denkmal abzutragen. Am 21. Oktober 1940 spätnachmittags wurde der Obelisk durch eine Dampfwalze umgerissen, wobei die „Gëlle Fra“ in ihre drei Aufbauteile zerbarst. Die Sockelfiguren wurden von Gustave Jacquemart abmontiert und sichergestellt, die Steine auf einem städtischen Bauhof niedergelegt. Beim Abbruch wurden mehrere hundert Personen (Schüler des nahegelegenen Athenäums) von der Gestapo verhaftet und oft mit äußerster Brutalität verprügelt. Im Oktober 1944 arbeitete Architekt Victor Engels die Pläne für den Wiederaufbau des Monuments aus – ohne „Gëlle Fra“, die bis 1985 verschollen blieb. Vom 15.–22. Mai 1955 wurde in einer Ausstellung im Peristyl des Stadthauses von Luxemburg der glanzlosen Körperteile der einstigen „Friedenskönigin“ gedacht. Zankapfel politischer, ästhetischer und moralisch-religiöser Dünkel, blieb die „nackte“ „Gëlle Fra“ lange Jahre unerwünscht und wurde erst am Nationalfeiertag 1981 in einem Escher-Tageblatt-Artikel von Josy Braun als wiedererstanden gefeiert. Von der Firma Massard aus Kayl restauriert, wurde die „Gëlle Fra“ am 23. Juni 1985 reinthronisiert.

Historischer Zusammenhang

Claus Cito war Schüler von Behrens, Abelen, Lehmbrück, Janssen und ein Freund August Mackes; lebte bis 1908 in Deutschland. Als Monument des Ersten Weltkriegs gilt die „Gëlle Fra“ als Kriegsgefallenendenkmal schlechthin und ist Ausgangspunkt fast aller touristischen Besichtigungen der Stadt Luxemburg.

Quellen und weiterführende Literatur

Administration Communale de Bascharage, Rétrospective Claus Cito. Exposition de sculptures „Claus Cito“ au Hall ’75 à Bascharage, 2000.

Braun-Beck, Lotty, Claus Cito 1882–1965, Luxemburg 1995.

 

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Memotransfront - Stätten grenzüberschreitender Erinnerung Rainer Hudemann unter Mitarbeit von Marcus Hahn, Gerhild Krebs und Johannes Großmann (Hg.): Stätten grenzüberschreitender Erinnerung – Spuren der Vernetzung des Saar-Lor-Lux-Raumes im 19. und 20. Jahrhundert. Lieux de la mémoire transfrontalière – Traces et réseaux dans l’espace Sarre-Lor-Lux aux 19e et 20e siècles, Saarbrücken 2002, 3., technisch überarbeitete Auflage 2009. Publiziert als CD-ROM sowie im Internet unter www.memotransfront.uni-saarland.de.